Die Familienstiftung als Rechtsform für die Führung der wirtschaftlichen Tätigkeit war eine lang erwartete Regelung bei vielen polnischen Familienunternehmen. Laut den Statistiken gibt es in Polen zur Zeit über 800 000 Unternehmen, die durch die Familien betrieben werden. Sie sind daher an dem Bruttoinlandprodukt wesentlich beteiligt. Es ist daher von Vorteil, wenn die Familienunternehmer nun die Möglichkeit haben, ihr Vermögen nächsten Generationen in die Verwaltung im Wege einer Vermögensnachfolge zu überlassen und abzusichern. Um den Prozess der Unternehmensnachfolge wirksam zu implementieren, ist es erforderlich, dass die Unternehmer ihre Nachfolger haben, welche in der Lage sind, den Businessbetrieb fortzuführen oder mindestens die Inhaberschaft und die Kontrolle über die Firma zu übernehmen. Es kommt vor, dass diese Bedingung nicht immer erfüllt werden kann. Die Schwierigkeiten mit der Planung der Nachfolge beruhen auf der Zahl der potentiellen und rechtmäßigen Erben. Im Falle ihres Fehlens oder bei ausbleibender Möglichkeit der Erzielung einer Einigung zwischen den Familienmitgliedern sind die Unternehmenseigentümer oft gezwungen, ihre Firma zu verkaufen. Dies hat meistens den Verlust ihres Familiencharakters zur Folge. Man beobachtet zunehmend eine Entwicklung des Ausverkaufs von Familienunternehmen durch Ausländer, die nicht nur an der Übernahme der Firma mit einer gut fundierten Organisationsstruktur, sondern auch an ihrem Markt-Image interessiert sind.
Die gegenwärtigen Regelungen im Zivilgesetzbuch [1] und im Gesetzbuch über die Handelsgesellschaften [2] (weiter als „KSH”) sehen nur beschränkte Möglichkeiten der Weitergabe von Businessvermögen nach den dort vorgesehen Grundsätzen vor. Deswegen waren die Stimmen der Unternehmer immer mehr laut, neue Vorschriften über die Familienstiftung in die polnische Rechtsordnung einzuführen.
Das Rechtsinstitut der Familienstiftung soll ganz neue Möglichkeiten der Nachfolgeplanung sichern, die sich in vielen anderen Ländern bewährt haben.
Das neu verabschiedete Gesetz vom 26. Januar 2023 über die Familienstiftung[3] ist eine Erwiderung auf diese Postulate und Bedürfnisse. Sie führt ein neues Rechtsinstitut ein, das darauf abzielt, das durch eine Familie über die Jahre angesammelte Vermögen im Inland künftigen Generationen zu belassen und ein Potential für neue Investitionen zu erhöhen. Die Errichtung einer Familienstiftung soll dabei das Risiko einer misslungenen Erbnachfolge minimalisieren und die Fortführung der Businesstätigkeit zu gewährleisten. Die Einbringung des Vermögens in die Stiftung soll ferner gegen seine Teilung und Zerschlagung schützen und seine Vermehrung ermöglichen. Wichtig ist dabei die Kontinuität eines Privatunternehmens, insbesondere zwecks Absicherung der Familie[4].
Als Stifter (Gründer) der Familienstiftung kann nach der polnischen Regelung nur eine rechtsfähige Privatperson sein. Es ist zulässig, die Familienstiftung testamentarisch bei Erbfall zu errichten aber in diesem Fall wird sie nur einen einzigen Stifter haben können. Wenn jedoch die Stiftung aufgrund einer Gründungsurkunde früher (zu Lebzeiten) ins Leben berufen wird, kann die Stiftung sogar mehrere Stifter haben. Erforderlich ist jedoch in beiden Fällen, dass die Stiftungssatzung notariell beurkundet wird. Erst bei Beobachtung dieser Form wird die Stiftungsgründung gültig und bindend sein.
Der Stifter bestimmt in der Stiftungssatzung auf eine detaillierte Art und Weise den Zweck der Stiftung. Das Vermögen der Familienstiftung wird verwaltet und den in der Satzung genannten Personen (Benefizianten) dienen. Die Familienstiftung ist nämlich eine juristische Person, errichtet zwecks Ansammlung und Verwaltung des Vermögens im Namen von Benefizianten und Erbringung von Leistungen an die Benefizianten. Unter Leistungen sind die Vermögensbestandteile, darunter Geldmittel, Sachen und Rechte zu verstehen, die auf die Benefizianten übertragen oder den Benefizianten in die Nutzung durch die Familienstiftung oder Familienstiftung in Organisation nach Maßgabe der Stiftungssatzung und der Zahl der Benefizianten übergaben werden. Vor dem Hintergrund der auf diese Art und Weise definierten Stiftungszwecke soll hervorgehoben werden, dass sie streng genommen einen vermögensrechtlichen Charakter haben und auf die Erbringung von Leistungen (sogar mit einem wesentlich Vermögenswert) für bestimmte Rechtsträger abzielen und keine Ad – Hoc – Beihilfe und keine Wohltätigkeitsfunktion zum Gegenstand haben. Die Familienstiftung soll mit Vermögen ausgestattet werden, um Leistungen an berechtigte Personen (Benefizianten) zu erbringen[5]. Der Firmenname der Stiftung kann beliebig ausgestaltet werden, er soll jedoch den Zusatz „Fundacja Rodzinna“ (Familienstiftung) enthalten. Es ist zulässig, die Abkürzung „F.R.“ zu führen. Die Stiftung unterliegt der Eintragung in das Familienstiftungsregister, das durch das Landesgericht in dem Ort Piotrków Trybunalski geführt wird. Es handelt sich dabei um ein anderes Register als Nationales Gerichtsregister (KRS), obwohl der Gesetzgeber in der Begründung zum Stiftung einräumt, dass Familienstiftungsregister an das KRS angelehnt ist. Es kann daher angenommen werden, dass zahlreiche Regelungen identisch sind. Die Registerakten der Familienstiftung -unterschiedlich von den KRS- Registerakten – können nur der Stifter, die Mitgliedsorgane, Benefiziant oder eine Person im Beisein eines Gerichtsmitarbeiters einsehen können, welche ein rechtliches Interesse an der Einsichtnahme substantiiert darlegt. Ein bloßer Verweis auf einen bliebigen Grund wird nicht genügen.
Der Stifter bringt in die Familienstiftung ein Vermögen für die Deckung des Gründerfonds zu einem in der Satzung bestimmten Wert, nicht weniger als 100 000 PLN ein. Er/Sie ist jedoch verpflichtet, ein Verzeichnis von Vermögensgegenständen anzufertigen, die in die Stiftung zwecks Deckung des Gründerfonds unter Wahrung der Schriftform geleistet werden.
Es ist zulässig, dass die Familienstiftung eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 3 des Gesetzes vom 06. März 2018 – Unternehmerrecht [6] führt, d.h. eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit, die im eigenen Namen und dauerhaft betrieben wird und nur folgende wirtschaftliche Betätigungen umfassen darf:
- Veräußerung von Vermögen, sofern dieses Vermögen nicht ausschließlich zum Zwecke der weiteren Veräußerung erworben wurde,
- Miete, Pacht und Überlassung von Vermögen zur Nutzung auf anderen Rechtsgrundlage,
- Eintritt in Handelsgesellschaften, Investmentfonds, Genossenschaften und Rechtsträger mit einem ähnlichen Charakter, die ihren Sitz im Inland oder Ausland haben sowie Beteiligung an solchen Gesellschaften, Fonds, Genossenschaften,
- Erwerb und Verkauf von Wertpapieren, Finanzderivaten und Rechten mit ähnlichem Charakter,
- Gewährung von Darlehen,
a / Kapitalgesellschaften, in denen die Familienstiftung die Geschäftsanteile oder Aktien hält,
b / Personenhandelsgesellschaften, an denen die Familienstiftung als Partner beteiligt ist,
c / Benefizianten - Handel mit ausländischen Geldmitteln der Familienstiftung zwecks Tätigung von Zahlungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Familienstiftung,
- Herstellung von Produkten, die auf eine andere Art und Weise als Pflanzen- und Tierprodukten verarbeitet wurden, mit Ausnahme von solchen Produkten, die im Prozess einer speziellen landwirtschaftlichen Produktion und mit Verbrauchersteuer besteuert werden, wobei die Menge der eigenen Pflanzen – und Tierprodukte 50% dieses Produktes darstellen muss
- Forstwirtschaft
Die Stiftungsorgane sind sehr an die Organe in Kapitalgesellschaften angelehnt. Der Hauptunterschied besteht darin, dass wir im Falle der Familienstiftungen mit einer Versammlung von Benefizianten zu tun haben, an der natürliche Personen oder nichtstaatliche Organisationen teilnehmen, d.h. Rechtsträger, zugunsten deren die Stiftung bestimmte Leistungen zu erbringen hat[7].
Die Familienstiftung stellt ein bisher in der polnischen Rechtsordnung unbekanntes Rechtsmittel zur Erbenfolgenreglung dar, deren Einführung lang erwartet wurde. Zur Zeit ist es schwer vorauszusehen, wie schnell sich dieses Institut etablieren wird und wie viele Personen, welche wirtschaftliche Tätigkeit führen, davon Gebrauch machen. Es fällt auch schwer abzuschätzen, wie lange eine solche Stiftung zeitlich bestehen wird, insbesondere vor dem Hintergrund von oft komplizierten familiären Verhältnissen. Es bleibt zu hoffen, dass die Familienstiftung einerseits helfen wird, die familiären Streitigkeiten über die Unternehmensnachfolge zu beseitigen und andererseits die Unternehmen mit einem Ruf und einer etablierten Marktposition in den Händen der Familie dauerhaft aufzubewahren und zu schützen.
[1] Gesetz vom 23. April 1964, Gesetzesblatt, von 2023 Position 1610.
[2] Gesetz vom 5. September 2000 Gesetzbuch über die Handelsgesellschaften, Gesetzesblatt von 2022, Position 1467 mit späteren Änderungen
[3] Gesetzesblatt Pos. 326 mit späteren Änderungen
[4] Vgl. K. Skreczko, Prawne aspekty funkcjonowania fundacji rodzinnej, BISP 2023, Nr. 2.
[5] P. Blajer, Kwestie zasadnicze związane z Fundacją Rodzinną [w:] Fundacja rodzinna. Pytania i odpowiedzi, Warszawa 2023.
[6] Gesetz vom 06. März 2018 – Unternehmerrecht ; Gesetzesblatt 2023 Pos. 221 mit späteren Änderungen
[7] Vgl. K. Skreczko, Prawne aspekty funkcjonowania fundacji rodzinnej, BISP 2023, Nr. 2.