Die Zeit der Corona- Pandemie hat die Einstellung zu vielen Fragen und Sachverhalten geändert. Diese hat nicht nur die Regeln der wirtschaftlichen und kommerzielle Zusammenarbeit, sondern auch die Notwendigkeit der Bearbeitung von neuen Lieferketten erzwungen und das Handeln der staatlichen Organen beeinflusst, indem diese zu einer beschleunigten Änderung der Art und Weise der Erbringung von weit verstandenen öffentlichen Dienstleistungen angehalten wurden. Die Einschränkungen im Zusammenhang mit neuen Wellen der Erkrankungen konnten nicht zu ihrem Ausbleiben führen und im Ergebnis in der Aussetzung der Staatsfunktion enden. Daher war es notwendig, nach solchen Lösungen zu suchen, die die Funktion der Staatsorgane ermöglichen, insbesondere den Bürgern nach wie vor ohne Rücksicht auf die eingeführten Verbote und Einschränkungen Zugang zu Gerichten gewährleisten. Die Antwort auf diese Bedürfnisse mündete in der beschleunigten Digitalisierung der öffentlichen Leistungen.
Durch die eingeführten Änderungen wurden auch die Gerichte betroffen, welche durch die fehlende Möglichkeit der Anberaumung von Verhandlungen unter persönlicher Beteiligungen der Partei und ihren Bevollmächtigten die Mittel schnell finden müssten, um dieses Problem zu lösen und die Ausfallzeiten bei der Einführung von Lockdowns zu überwinden und die Justiz wieder handlungsfähig zu machen. Die Antwort darauf war die Durchführung einer Online-Verhandlung mittels Einsatz von unterschiedlichen Software – Programmen wie Teams, Jitsi oder unter Verwendung von bestehenden IT – Platfformen, die speziell für die Bedürfnisse von Gerichten gebildet und bis dato selten benutzt wurden. Hierzu hat der polnische Gesetzgeber ein neues Gesetz on 02. März 2022 über besondere Lösungen im Zusammenhang mit Verbeugung, Entgegenwirkung und Bekämpfung von COVID- 19 und anderen Infektionskrankheiten und Krisensituationen eingeführt [1], wobei das COVDI- 19 Gesetz während der Dauer der Covid- Pandemie und ein Jahr nach seiner Widerruf gelten sollte.
Es kann jetzt gesagt werden, dass die eingeführte Möglichkeit der Abhaltung von Gerichtsverhandlungen per Videokonferenz durch die Parteien des Verfahrens, ihre Bevollmächtigten und die Richter als positiv angesehen wurde.
Viele an Prozessen beteiligte Personen, insbesondere die Anwälte haben die Vorteile der Online- Verhandlung wegen der Beschränkung der Kosten und der Zeit für die Verhandlungsvorbereitung und Anreise zu der Verhandlung sowie die Vermeidung der Kollision zwischen verschiedenen Gerichtsterminen bereits gesehen. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass die vorläufige Lösung einer Verhandlung im Wege der Bild – und Tonübertragung mit dem Grundsatz der Unmittelbarkeit im Beweisverfahren nicht ganz zu vereinbaren ist ( der in Art. 235 der polnischen ZPO verankert ist) weil dadurch der direkte Kontakt des Gerichts z. B. mit einem Zeugen nicht möglich sein wird und die Video-Verhandlung oft wegen technischer Problemen mit der Verbindung der Parteien darunter leidet. Ferner kommt es bei der Vernehmung von ausländischen Zeugen unter Beiziehung von Dolmetschern zu Verlängerung von Video- Verhandlungen aufgrund von Verständnisproblemen im Zusammenhang mit den gestellten Fragen und ihrer Beantwortung vor, wenn die entsprechende Qualität der technischen Übertragung der Aussagen nicht gewährleistet wird.
Gegenwärtig wurde die Mehrheit der sanitären durch die Covid- Pandemie ausgelösten Beschränkungen aufgehoben und der Pandemiezustand zum 16.05.2022 offiziell widerrufen. Das bedeutet einerseits, dass die Gerichte wieder zu einem „gewöhnlichen“ Ablauf der Verhandlung zurückkehren und den Beteiligten wieder das persönliche Erscheinen im Gerichtssaal anordnen können. Andererseits stellt sich die Frage, ob dies in jedem Fall wirklich notwendig sein muss und ob die Gerichte nach wie vor die Durchführung von Verhandlungen im Wege der Ton- und Bildübertragung gestatten. Die Antwort auf diese Frage wird bejahend sein, weil die maßgebenden Covid- Vorschriften nach wie vor in Kraft bleiben aber diese Lösung ist nicht dauerhaft. Wenn sich der Pandemie-Zustand nicht verschlechtert, ist es damit zu rechnen, dass die bestehenden Regelungen Mitte Mai dieses Jahres außer Kraft treten und die Gerichte keine Möglichkeit mehr haben werden, die mündlichen Verhandlung per Vide-Konferenz mangels fehlender Rechtsgrundlage durchzuführen.
Vor diesem Hintergrund wäre daher eine vertiefte Diskussion über die Möglichkeit der Durchführung von Video – Verhandlungen in Zivilsachen geboten, insbesondere die Herausarbeitung von Antworten auf die Schlüsselfragen in diesem Bereich wie z. B. die Anwendbarkeit der Ton -und Bildübertragung auf das Beweisverfahren wegen der bereits angedeuteten Schwierigkeiten und Zweifel. Wichtig ist es dabei entsprechende Gesetzesvorschriften einzuführen, die diese Materie nicht nur dauerhaft, sondern auch komplex regeln. Als Grundsatz wird man festhalten können, dass eine Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung umso sinnvoller ist, je mehr wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen. Das ist insbesondere in Wirtschaftssachen der Fall, die trotz Abhilfemaßnahmen des polnischen Gesetzgebers ziemlich langfristig sind.[2]. Die Durchführung der Vernehmung von Zeugen per Video könnte auf jeden Fall das Verfahren vor Gerichten beschleunigen und die Zeit von Streitigkeiten verkürzen bei gleichzeitiger Reduktion von Kosten der Beweisaufnahme.
Auch bei anderen Zivilsachen kann die Durchführung der Verhandlung per Video -Konferenz von Vorteil sein, z. B. zu Beginn aber auch zum Ende eines Gerichtsverfahrens, wenn das Gericht sich über die Auffassung der Parteien vorläufig ein Bild verschaffen will bzw. wenn die Schlussvorträge der Parteien folgen. Äußerst sinnvoll ist eine Verhandlung im Wege der Bild und Tonübertragung außerdem, wenn voraussichtlich eine Säumnislage eintreten wird. Ähnlich kann es auch im Laufe eines Berufungsverfahrens sein. Es scheint jedoch, dass die Zulässigkeit der Durchführung von Online-Verfahren vor dem Obersten Gericht unter Rücksicht auf die Seriosität dieses Gerichts und den Rechtscharakter der durch das Oberste Gericht abzuurteilenden Sachen beschränkt sein sollte.
Zur Zeit liegen noch keine abschließenden Erarbeitungen von neuen Gesetzesvorschriften vor und eine bereitere Diskussion in dieser Materie hat noch nicht richtig begonnen. Die Anwälte sind mit Sicherheit auf neue Lösungen über die Durchführung von Gerichtsverhandlungen vorbereitet und passen ihre Arbeitsweise an die die neuen Anforderungen des Marktes elastisch an. Es unterliegt jedoch keinem Zweifel, dass ihre Arbeit infolge der Pandemie zunehmend digitalisiert wurde und sie stellen sich kaum mehr vor, an Gerichtsverhandlungen im Wege der Bild – und Tonübertrag künftig nicht teilnehmen zu dürfen.
[1] Gesetzblatt von 2021 Pos. 2095 mit späteren Änderungen, in Kraft seit 8.03.2020 weiter „Covid- 19 Gesetz”
[2] Vgl. K. Joński, Efektywność sądownictwa powszechnego – podstawowe problemy, Warszawa 2016.
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