Der polnische Gesetzgeber hat in dem Gesetz von 8.12.2017 über das Oberste Gericht [1] ein neues Rechtsmittel der außerordentlichen Revision in das polnische Rechtssystem eingeführt.[2]. Seine Verabschiedung war auf die Forderungen der Lehre und Rechtsprechung auf die Aufhebung von solchen rechtskräftigen Urteilen zurückzuführen, die grob ungerecht sind, auf falsch interpretierten Vorschriften bzw. widersprüchlicher Wertung des in der Sache angesammelten Beweismaterials beruhen[3]. Das neue Rechtsinstitut sollte zugleich eine Lücke im Gesetz schließen und sich in das bestehende System der Rechtsmittel einfügen[4]. Die neue Regelung wurde jedoch relativ sparsam behandelt, denn der Gesetzgeber hat lediglich zwei neue Vorschriften dem Gesetz hinzugeführt, wonach auf das Verfahren über die außerordentliche Revision die Vorschriften über das Revisionsverfahren entsprechend anwendbar sind.[5] Im Ergebnis soll daher nach dem Willen des Gesetzgeber das neue Verfahren, das die außerordentliche Revision zum Gegenstand hat, wie ein Revisionsverfahren behandelt und durchgeführt werden.
Wegen des Verweises auf die Vorschriften über das Revisionsverfahren ist es möglich diese Regelungen der Revision zu benennen , die auf die außerordentliche Revision im Hinblick auf ihren Zweck und ihre Rechtsnatur Anwendung finden. Generell kann angenommen werden, dass die außerordentliche Revision auf die Einwände gestützt werden kann, die einen offensichtlichen Widerspruch zwischen den durch ein Gericht gemachten Feststellungen und dem in der Sache angesammelten Beweismetrial zum Gegenstand haben, was zugleich für die Zulassung der Vorschriften über das Beweisverfahren spricht. [6].
Den Vorschriften über die außerordentliche Revision ist es unmittelbar nicht zu entnehmen, bei welchem Gericht die Revision zu erheben ist. Es finden sich dagegen die Bestimmungen über die Fristen, innerhalb derer die Revision statthaft ist.
Nach Art. 89 § 3 des OG-Gesetzes soll die Revision in den Zivilsachen innerhalb einer Frist von 5 Jahren seit dem Tag der Rechtskraft des anzufechtenden Urteils und wenn gegen das Urteil eine Revision bereits erhoben wurde, innerhalb eines Jahres von seiner Erkennung eingelegt werden, wobei an dieser Stelle anzumerken ist, dass der Antrag auf die Begründung des Ausgangsurteils keinen Einfluss auf den Beginn des Laufs der Frist für die Einlegung der außerordentlichen Revision hat. Im Ergebnis ist die Revision zu dem Gericht zu richten, dass die fragliche Entscheidung erlassen hat.
Nach Maßgabe des Art. 94 § 1 des OG-Gesetzes entscheidet das Oberste Gericht in der Zusammensetzung von zwei Richtern des Obersten Gerichts aus der Kammer für außerordentliche Kontrolle und öffentliche Angelegenheiten und einem Laienrichter über die eingelegte Revision. In dem Fall, in dem die Revision sich auf ein durch das Oberste Gericht erlassene Urteil bezieht, wird die Entscheidung dagegen von fünf Richtern des Obersten Gerichts aus der Kammer für außerordentlichen Kontrolle und öffentliche Angelegenheiten getroffen. Alle anderen Entscheidungen werden einem im Rahmen des Verfahrens über außerordentliche Revision wie z. B. die Entscheidung über ihre Verwerfung übertragen (Art. 39810 in fine ZPO in Verbindung mit Art. 95 Pkt. 1 des OG- Gesetzes).
Ferner wird das Verfahren über das Rechtsmittel der außerordentlichen Kündigung hinter geschlossenen Türen durchgeführt und entschieden, womit der Gesetzgeber von dem in Art. 9 § 1 der polnischen ZPO verankerten Grundprinzip der Öffentlichkeit eines Zivilverfahrens abgesehen hat, was zugleich mit der Reduzierung der Kosten der Justiz verbunden sein mag. [7].
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die von dem polnischen Gesetzgeber vorgeschlagene Lösung des Rechtsinstituts einer außerordentlichen Revision berechtigte Zweifel aufkommen lässt. [8]. Die spärliche Regelung dieser Materie im Gesetzt und ein allgemeiner Verweis auf die Anwendung der Normen über die Revision scheinen nicht ausreichend zu sein. Der verabschiedete Lösungsvorschlag birgt Probleme und Zweifeln, die sich im Wege der Auslegung nicht immer beheben lassen. Man darf dabei nicht vergessen, dass das Sonderverfahren der außerordentlichen Revision bereits wegen seines Zweckes und seiner Rechtsnatur sich nicht automatisch in die bestehenden Zivilprozessverfahren einordnen lässt. Es wird abzuwarten sein, wie sich die neue Regelung zur außerordentlichen Revision in der Praxis bewähren wird.
[1] Gesetzblatt von 2021 Pos. 154 mit späteren Änderungen, weiter: OG-Gesetz
[2] T. Ereciński, K. Weitz, Skarga nadzwyczajna w sprawach cywilnych, PS 2019, Nr 2, s. 7; T. Zembrzuski, Skarga nadzwyczajna w polskim postępowaniu cywilnym, PiP 2019, Nr. 6, S. 123–125.
[3] Vgl. Gesetzesbegründung
[4] Vgl. Gesetzesbegründung
[5] Art. 95 Pkt. 1 des OG-Gesetz verweist auf die Vorschriften über Revisionsverfahren in der polnischen Zivilprozessordnung (ZPO) mit Ausnahme von Art. 3984 § 2 ZPO sowie von Art. 3989 ZPO.
[6] Siehe Urteil des Obersten Gerichts von 24.07.2019, I NSNc 9/19, Legalis.
[7] J. Gudowski [in:] T. Ereciński, J. Gudowski, M. Jędrzejewska, Kodeks postępowania cywilnego. Komentarz. Część pierwsza. Postępowanie rozpoznawcze. Część druga. Postępowanie zabezpieczające, Band 2, Warszawa 2006, S. 336.
[8] Siehe. T. Ereciński, K. Weitz, Skarga, S. 18.
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